Den fetten Pfau spannt man beizeiten
auf wie einen Schirm, unter dem man die Jahreszeit erträgt.
Ständig geschmückte, gepflückte Geisha,
die sich halten, doch nicht behalten lässt -
klimpert mit Farbe wie mit Wimper, oder Gleichmut;
besitzt diesen Charme, der uns bittet, nahe zu treten, zu verliern,
was uns meint an Gewicht und Gewichtigkeit.
Das Katzenzahme der Worte gebuckelt,
im Gleichnis, im Gleichschritt, klingt aus nach der Wollust,
dem Übel des Jammers über uns selbst.
Mittwoch, 23. Juni 2010
Mittwoch, 16. Dezember 2009
In eigener Sache:
Seit kurzem darf ich mich freuen, dass mein erster Band "In Pulsen" ist und hierüber bestellbar:
http://www.belletristik-berlin.de/index.php?id=187
http://www.belletristik-berlin.de/index.php?id=187
Freitag, 11. Dezember 2009
Auszug aus der Nobel Lecture von Herta Müller:
"Damals in der Fabrik, als ich ein Treppenwitz und das Taschentuch mein Büro war, habe ich im Lexikon auch das schöne Wort TREPPENZINS gefunden. Es bedeutet in Stufen ansteigende Zinssätze einer Anleihe. Die ansteigenden Zinssätze sind für den Einen Kosten, für den Anderen Einnahmen. Beim Schreiben werden sie beides, je mehr ich mich im Text vertiefe. Je mehr das Geschriebene mich ausraubt, desto mehr zeigt es dem Gelebten, was es im Erleben nicht gab. Nur die Wörter entdecken es, weil sie es vorher nicht wussten. Wo sie das Gelebte überraschen, spiegeln sie es am besten. Sie werden so zwingend, daß sich das Gelebte an sie klammern muß, damit es nicht zerfällt.
Mir scheint, die Gegenstände kennen ihr Material nicht, die Gesten kennen nicht ihre Gefühle und die Wörter nicht den Mund, der spricht. Aber um uns der eigenen Existenz zu versichern, brauchen wir die Gegenstände, die Gesten und die Wörter. Je mehr Wörter wir uns nehmen dürfen, desto freier sind wir doch. Wenn uns der Mund verboten wird, suchen wir uns durch Gesten, sogar durch Gegenstände zu behaupten. Sie sind schwerer zu deuten, bleiben eine Zeitlang unverdächtig. So können sie uns helfen, die Erniedrigung in eine Würde umzukrempeln, die eine Zeitlang unverdächtig bleibt."
Mir scheint, die Gegenstände kennen ihr Material nicht, die Gesten kennen nicht ihre Gefühle und die Wörter nicht den Mund, der spricht. Aber um uns der eigenen Existenz zu versichern, brauchen wir die Gegenstände, die Gesten und die Wörter. Je mehr Wörter wir uns nehmen dürfen, desto freier sind wir doch. Wenn uns der Mund verboten wird, suchen wir uns durch Gesten, sogar durch Gegenstände zu behaupten. Sie sind schwerer zu deuten, bleiben eine Zeitlang unverdächtig. So können sie uns helfen, die Erniedrigung in eine Würde umzukrempeln, die eine Zeitlang unverdächtig bleibt."
Montag, 23. November 2009
gedicht
täglich mit dem abend
wie sehr an der nacht hängen, ihren schatten vertrauend;
deinem hellichten dunkel folgt mein dunkelstes hell auf dem fuß,
lehnt sich, schmiegt sich in die ausgeblendeten winkel,
zwitschert mir in versfolge einheiten, säugt mich, kleinauf,
wandelt das nicht denkbare in ein glaubensfluizid, greift
gegen die richtung an, die sich nicht verschenkt - und ineinander
drehen wir uns tag um tag und tag ins gesicht zurück,
hängen fürs auge ein mobile übers zerpflügte bett; das wendet
kein blatt, widerruft nicht die zärtlichen worte für harlekin, für die,
die wie wir nicht erfassen, doch fassen, dass liebe notwehr ist.
wie sehr an der nacht hängen, ihren schatten vertrauend;
deinem hellichten dunkel folgt mein dunkelstes hell auf dem fuß,
lehnt sich, schmiegt sich in die ausgeblendeten winkel,
zwitschert mir in versfolge einheiten, säugt mich, kleinauf,
wandelt das nicht denkbare in ein glaubensfluizid, greift
gegen die richtung an, die sich nicht verschenkt - und ineinander
drehen wir uns tag um tag und tag ins gesicht zurück,
hängen fürs auge ein mobile übers zerpflügte bett; das wendet
kein blatt, widerruft nicht die zärtlichen worte für harlekin, für die,
die wie wir nicht erfassen, doch fassen, dass liebe notwehr ist.
Gedicht von Ingeborg Bachmann:
Liebe : Dunkler Erdteil
Der schwarze König zeigt die Raubtiernägel,
zehn blasse Monde jagt er in die Bahn,
und er befiehlt den großen Tropenregen.
Die Welt sieht dich vom andern Ende an!
Es zieht dich übers Meer an jene Küsten
aus Gold und Elfenbein, an seinen Mund.
Dort aber liegst du immer auf den Knien,
und er verwirft und wählt dich ohne Grund.
Und er befiehlt die große Mittagswende.
Die Luft zerbricht, das grün und blaue Glas,
die Sonne kocht den Fisch im seichten Wasser,
und um die Büffelherde brennt das Gras.
Ins Jenseits ziehn geblendet Karawanen,
und er peitscht Dünen durch das Wüstenland,
er will dich sehn mit Feuer an den Füßen.
Aus deinen Striemen fließt der rote Sand.
Er, fellig, farbig, ist an deiner Seite,
er greift dich auf, wirft über dich sein Garn.
Um deine Hüften knüpfen sich Lianen,
um deinen Hals kraust sich der fette Farn.
Aus allen Dschungelnischen: Seufzer, Schreie.
Er hebt den Fetisch. Dir entfällt das Wort.
Die süßen Hölzer rühren dunkle Trommeln.
Du blickst gebannt auf deinen Todesort.
Sieh, die Gazellen schweben in den Lüften,
auf halbem Wege hält der Dattelschwarm!
Tabu ist alles: Erden, Früchte, Ströme...
Die Schlange hängt verchromt an deinem Arm.
Er gibt Insignien aus seinen Händen.
Trag die Korallen, geh im hellen Wahn!
Du kannst das Reich um seinen König bringen,
du, selbst geheim, blick sein Geheimnis an.
Um den Äquator sinken alle Schranken.
Der Panther steht allein im Liebesraum.
Er setzt herüber aus dem Tal des Todes,
und seine Pranke schleift den Himmelssaum.
Ingeborg Bachmann
Der schwarze König zeigt die Raubtiernägel,
zehn blasse Monde jagt er in die Bahn,
und er befiehlt den großen Tropenregen.
Die Welt sieht dich vom andern Ende an!
Es zieht dich übers Meer an jene Küsten
aus Gold und Elfenbein, an seinen Mund.
Dort aber liegst du immer auf den Knien,
und er verwirft und wählt dich ohne Grund.
Und er befiehlt die große Mittagswende.
Die Luft zerbricht, das grün und blaue Glas,
die Sonne kocht den Fisch im seichten Wasser,
und um die Büffelherde brennt das Gras.
Ins Jenseits ziehn geblendet Karawanen,
und er peitscht Dünen durch das Wüstenland,
er will dich sehn mit Feuer an den Füßen.
Aus deinen Striemen fließt der rote Sand.
Er, fellig, farbig, ist an deiner Seite,
er greift dich auf, wirft über dich sein Garn.
Um deine Hüften knüpfen sich Lianen,
um deinen Hals kraust sich der fette Farn.
Aus allen Dschungelnischen: Seufzer, Schreie.
Er hebt den Fetisch. Dir entfällt das Wort.
Die süßen Hölzer rühren dunkle Trommeln.
Du blickst gebannt auf deinen Todesort.
Sieh, die Gazellen schweben in den Lüften,
auf halbem Wege hält der Dattelschwarm!
Tabu ist alles: Erden, Früchte, Ströme...
Die Schlange hängt verchromt an deinem Arm.
Er gibt Insignien aus seinen Händen.
Trag die Korallen, geh im hellen Wahn!
Du kannst das Reich um seinen König bringen,
du, selbst geheim, blick sein Geheimnis an.
Um den Äquator sinken alle Schranken.
Der Panther steht allein im Liebesraum.
Er setzt herüber aus dem Tal des Todes,
und seine Pranke schleift den Himmelssaum.
Ingeborg Bachmann
Donnerstag, 5. November 2009
Gedicht von Gertrud Kolmar:
Die Verlassene
An K.J.
Du irrst dich. Glaubst du, daß du fern bist
Und daß ich dürste und dich nicht mehr finden kann?
Ich fasse dich mit meinen Augen an,
Mit diesen Augen, deren jedes finster und ein Stern ist.
Ich zieh dich unter dieses Lid
Und schließ es zu und du bist ganz darinnen.
Wie willst du gehn aus meinen Sinnen,
Dem Jägergarn, dem nie ein Wild entflieht?
Du läßt mich nicht aus deiner Hand mehr fallen
Wie einen welken Strauß,
Der auf die Straße niederweht, vorm Haus
Zertreten und bestäubt von allen.
Ich hab dich liebgehabt. So lieb.
Ich habe so geweint ... mit heißen Bitten ...
Und liebe dich noch mehr, weil ich um dich gelitten,
Als deine Feder keinen Brief, mir keinen Brief mehr schrieb.
Ich nannte Freund und Herr und Leuchtturmwächter
Auf schmalem Inselstrich,
Den Gärtner meines Früchtegartens dich,
Und waren tausend weiser, keiner war gerechter.
Ich spürte kaum, daß mir der Hafen brach,
Der meine Jugend hielt - und kleine Sonnen,
Daß sie vertropft, in Sand verronnen.
Ich stand und sah dir nach.
Dein Durchgang blieb in meinen Tagen,
Wie Wohlgeruch in einem Kleide hängt,
Den es nicht kennt, nicht rechnet, nur empfängt,
Um immer ihn zu tragen.
Gertrud Kolmar
An K.J.
Du irrst dich. Glaubst du, daß du fern bist
Und daß ich dürste und dich nicht mehr finden kann?
Ich fasse dich mit meinen Augen an,
Mit diesen Augen, deren jedes finster und ein Stern ist.
Ich zieh dich unter dieses Lid
Und schließ es zu und du bist ganz darinnen.
Wie willst du gehn aus meinen Sinnen,
Dem Jägergarn, dem nie ein Wild entflieht?
Du läßt mich nicht aus deiner Hand mehr fallen
Wie einen welken Strauß,
Der auf die Straße niederweht, vorm Haus
Zertreten und bestäubt von allen.
Ich hab dich liebgehabt. So lieb.
Ich habe so geweint ... mit heißen Bitten ...
Und liebe dich noch mehr, weil ich um dich gelitten,
Als deine Feder keinen Brief, mir keinen Brief mehr schrieb.
Ich nannte Freund und Herr und Leuchtturmwächter
Auf schmalem Inselstrich,
Den Gärtner meines Früchtegartens dich,
Und waren tausend weiser, keiner war gerechter.
Ich spürte kaum, daß mir der Hafen brach,
Der meine Jugend hielt - und kleine Sonnen,
Daß sie vertropft, in Sand verronnen.
Ich stand und sah dir nach.
Dein Durchgang blieb in meinen Tagen,
Wie Wohlgeruch in einem Kleide hängt,
Den es nicht kennt, nicht rechnet, nur empfängt,
Um immer ihn zu tragen.
Gertrud Kolmar
Donnerstag, 29. Oktober 2009
Roman
Auszug "Bali"
'Ich muss schließlich Sorge tragen für sie', denke ich laut nach. Das Doktorchen greift meinen Gedanken auf. 'Für wen müssen Sie Sorge tragen, Sodo?' Für einen Moment hatte ich seine Anwesenheit vergessen. 'Für wen müssen Sie Sorge tragen?' fragt er erneut und etwas irritiert auch, dass es mich urplötzlich spitzbübisch freut, ihn mit Neuem überrascht zu haben. Ich lasse ihn mit seiner Frage ein wenig zappeln. Er scheint gefasst, um Geduld bemüht. Ich hüstle und beuge mich tief nach vorn, tue so, als müsste ich Dringendes an meinen Schuhen feststellen; tue so, als ob ich dächte, ein Knoten meiner Schürsenkel hätte sich vielleicht gelöst. Unterm Tisch hindurch sehe ich, dass er, unmerklich fast, mit einer seiner Schuhspitzen scharrt. Ich grinse. Ich richte mich wieder auf. 'Es geht um meine Freundin Betty. Ich muss da sein für sie. Sie kommt so wenig gut ohne mich zurecht.' Nun hüstelt er, verlegen. 'Betty?' 'Betty. Ja.' 'In unseren bisherigen Sitzungen erwähnten Sie bislang keine Person Betty', erklärt er sein Hüsteln. 'Soweit ich mich erinnere, sprach ich generell nicht in Ausführlichkeit von Menschen, denen ich mich nah fühle', gebe ich zur Antwort und finde mich recht schlagfertig. 'Wie nah ist Sie Ihnen?' 'Nah.' 'Durch welche Begebenheiten wurde Sie Ihnen in dieser Weise nah?' Ich schweige, denke angestrengt nach. 'Durch Intensität.' 'Durch welche Begebenheiten, Sodo? Was teilten Sie miteinander, und seit wann teilen Sie?' 'Das sind sehr viele Fragen, Doktorchen. Fragen, die es nicht braucht.' Ich fühle mich zunehmend verwirrt, und es gelingt mir nicht die Ursache der Verwirrung auszumachen. 'Immerhin, Sie sorgen sich doch um Sie, wie Sie gerade sagten. Etwas schweißte Sie einmal zusammen. Wenn man sich um einen nahen Menschen sorgt, dann doch deshalb, weil es sich in den anderen hineinversetzen lässt und man dadurch meint zu wissen, was ihm gut-, oder nicht gut tun könnte.' Ich nicke. 'So wird es dann wohl sein.' Ich lege meine Hände zusammen und auf den Schoß. Er starrt mich unverschämt eindringlich an, lässt seinen Blick nicht von mir, und ich beginne tiefen Ärger auf ihn zu fühlen. Der Ärger steigt mir von der Brust bis in den Hals und in die Kehle hinauf, brennt dort, wird zur Wut. 'Was?' rufe ich gereizt aus. 'Was ist dein Problem jetzt mit mir Doktorchen? Ich muss dir nicht Rechenschafft ablegen! Muss dir nicht jedes Detail meiner Bekanntschaften offenlegen!' Er lässt sich von meiner Wut nicht beeindrucken. 'Stehen Sie mit ihr in einer Liebesbeziehung, Sodo?' Ich springe vom Stuhl auf, zerre meinen Mantel von der Lehne. 'Oha! Ja, ich stehe mit dieser Frau in einer Liebesbeziehung! Da haben Sie ja keine Ahnung von! Keine Ahnung, wie gut es tut mit einer Frau in solch einer Liebesbeziehung zu stehen!' 'Setzen Sie sich, Sodo', fordert er mich ruhig auf. 'Wir haben noch einige Minuten.' 'Du bist ein Tollpatsch, Doktor', sage ich dieses Mal gefasst, sage ich leise, sage ich gehemmt von einem Verständnis, das sich mir auftut, und das ihn anbelangt und unter anderem dazu ist, mich von dieser Wut fortzubringen. Dieser unerklärlichen Wut auf scheinbar banale Fragen.
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